Story Points
Früchte, Punkte, Tiere und T-Shirts – ist uns Projekt- und Budgetplanung restlos entglitten?⌗
Das Release rückt näher. Nur noch zwei Sprints bis zur finalen Testphase. Gleich zu Beginn des Sprint-Plannings stellt sich der Projektleiter – neuerdings „PO“ genannt – vor die Leute und stellt eine entscheidende Frage: Was bedeutet ein Story-Point für uns? Haben wir das gleiche Verständnis von Story-Points?
Hintergrund der Frage war die schiere Sorge, dass die geplanten Features nicht rechtzeitig fertiggestellt werden. Ein klares Zeichen, dass im Schätzverfahren der Aspekt Planbarkeit im Projekt zu kurz kommt. Offenbar haben die Agilisten hier heimlich durch die Hintertür eine Intransparenz geschaffen, um die Entwickler aus der Messbarkeit ihrer Leistung und aus ihrer Verantwortung zu entlassen.
Woher kommen die Früchte, Punkte, Tiere und T-Shirts?⌗
Schon früh hat man in der Software-Entwicklung festgestellt, dass Mitarbeiter mit unterschiedlichem Erfahrungshintergrund zum Teil erheblich länger oder kürzer für die Fertigstellung der Arbeitspakete benötigen. Seit der Festlegung des Berufsbilds Software-Entwickler als Mangelberuf sind zudem Tür und Tor geöffnet für Quereinsteiger, die meist trotz jahrelanger Berufserfahrung noch viel länger für die Arbeitspakete benötigen. Sie haben eben nie gelernt, wie man Software macht, sondern nur Kabel, Spulen, Zahnräder, Reagenzgläser neben MS-FrontPage im Selbststudium.
Für den sozialen Frieden in den Teams, und um die schlecht qualifizierten Kollegen ohne Informatik-Hintergrund nicht bloßzustellen, wurde ab den späten 2000er-Jahren bei Schätzungen nicht mehr der Zeitaufwand in Stunden, sondern alternative Einheiten wie Story-Points, Früchte, Tiere oder T-Shirts etabliert. Auf diese Weise konnten alle ihr Gesicht bewahren. Sowohl für den erfahren Senior-Informatiker als auch für den intellektuell überforderten Elektrotechnik-Quereinstieger ist ein Arbeitspaket ab jetzt eine „Kiwi“, obwohl der Junior oder Quereinsteiger dafür gerne mal eine Woche braucht, der Senior-Informatiker hingegen nach spätestens zwei Tagen fertig ist.
So kann niemand planen⌗
Projektmanager haben mit diesem Ansatz keine Chance mehr, eine glaubhafte Planung ihrer Projekte zu gestalten. In den meisten Fällen kommt die Software ja auch nicht alleine. Andere Abteilungen müssen für ein fertiges Produkt genauso zuliefern. Im Idealfall zeitgleich.
Marketing-Material, Schulungsunterlagen, Benutzerhandbücher, Logistik und Vertrieb verlassen sich auf eine sichere Planung und stellen ihrerseits sicher, dass alles zusammen rechtzeitig bereitsteht. Den Autoren des Benutzerhandbuchs hilft es dabei wenig, wenn sie als Antwort eine „Kiwi“ bekommen statt eines konkreten Datums, wann das Handbuch in den Druck muss.
Genauso ist eine Budgetplanung bis hin zur Entscheidung, ob ein Projekt weiterverfolgt werden soll, schlichtweg nicht möglich, solange von Hasen, Elephanten oder Äpfeln geredet wird. Hier braucht es Planbarkeit auf Grundlage von verlässlichem Zahlenmaterial und Metriken.
Die Umrechnungstabelle⌗
Für alle Unternehmer und Manager, die mit der kindischen und unprofessionellen Herangehensweise mit T-Shirts, Story-Points, Früchten oder Tieren ihre liebe Not haben, haben wir eine Umrechnungstabelle entwickelt. Die Tabelle basiert auf Erfahrungen aus dutzenden Projekten mit vielen zigtausend Personentagen, um das agile Schätzungskauderwelsch für Manager in betriebswirtschaftlich brauchbare Informationen zu übersetzen.
Fazit⌗
Jeder Projektmitarbeiter ist ein Individuum mit spezifischen Talenten und manchmal auch Defiziten. Zuviel Rücksicht auf und Toleranz gegenüber schwachen Mitarbeitern hat in der Softwarebranche die Unart etabliert, statt verbindlicher belastbarer Zeit- und Kostenabschätzungen kindische Tier-, Frucht- und Kleidungsanalogien als Alternative zu etablieren. Mit unserer Umrechnungstabelle hat jeder Manager endlich wieder belastbare Zahlen und Planungssicherheit für seine Projekte.